Neben Freital, Heidenau und Clausnitz gibt es jetzt wieder einen neuen Ort, der als Sinnbild für die rassistischen Progrome und Übergriffe im Kaltland genutzt wird: Bautzen. Diese symbolischen Orte sind zwar zum einen wichtig für den Erinnerungsdiskurs (dass es ihn überhaupt gibt!), verdecken aber gleichzeitig auch die strukturelle Komponente der rassistischen Gewalt, da sie als Einzelfälle inszeniert werden (können). Dass es tagtäglich zu Anfeindungen (Chronik des RAA) kommt, kann dabei schnell vergessen werden, wenn ein Ereignis, wie das am 14.09. in Bautzen, medial so dargestellt wird, wie es gerade wird. Denn debattiert wird jetzt darüber, wer zuerst angegriffen haben soll und schuld sei, aber nicht über die Entwicklungsgeschichte dieser Gewalt, wie sie hier für die letzten Monate in Bautzen beschrieben werden (ADDN-Artikel), geschweige denn über historische und gesellschaftliche Kontinuitäten und Hintergründe. Dabei ist die Art und Weise, wie die Menschen bezeichnet werden, bezeichnend für die rassistischen Differenzkonstruktionen, die diese Gewalt überhaupt erst ermöglichen. Die Jugendlichen werden als „Unbegleitete Minderjährige Asylsuchende“ zu einer homogenen Gruppe zusammengefasst. Dadurch können ihnen leicht Eigenschaften zugeschrieben, sie damit als „die Anderen“ konstruiert („Othering“) und als gefährlich imaginiert werden, womit an orientalistische Bilder angeknüpft wird, die Edward Said in einem der Gründungswerke (Orientalismus) der postkolonialen Theorien bereits 1978 beschreibt. Damit ist auch immer eine Abwertung verbunden, die sich aus kolonialen Bildern nährt, und als Negativ zur positiven Konstruktion der Eigengruppe dient. Der als einheitlich konstruierten Fremdgruppe steht die differenzierte Betrachtung der Eigengruppe gegenüber, in der Menschen unterschiedliche Eigenschaften haben. Dies hat auch für den Umgang in Bautzen ganz konkrete Auswirkungen, die Koester in diesem Artikel (Neues Deutschland) beschreibt: „Wer Eigenschaften hat, mit dem kann man reden. Mit den »besorgten Bürgern« und »ihren Ängsten«. Mit Flüchtlingen oder der seltenen Spezies der »UMA« hingegen nicht. Die könne man nur einsperren und mit einem Alkoholverbot belegen.“ Burschel geht in seiner Analyse (Konkret-Magazin) noch weiter: „Die öffentliche Darstellung der Ereignisse in Bautzen grenzt an unterlassene Hilfeleistung und Anstiftung zum Pogrom“, und benennt die Kontinuitäten und den Rahmen, in dem die Ereignisse von Bautzen stehen: „dass sich seit fast drei Jahren in Deutschland eine mörderische faschistische Bedrohung aufbaut. […] Die öffentliche Darstellung der Ereignisse in Bautzen deckt die eigentlichen Täter, nämlich den organisierten Rechtsterrorismus“. Darüber sollten wir reden.