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Organisierte Liebe gegen den organisierten Hass

“The function, the very serious function of racism is distraction. It keeps you from doing your work. It keeps you explaining, over and over again, your reason for being. Somebody says you have no language and you spend twenty years proving that you do. Somebody says your head isn’t shaped properly so you have scientists working on the fact that it is. Somebody says you have no art, so you dredge that up. Somebody says you have no kingdoms, so you dredge that up. None of this is necessary. There will always be one more thing.” Toni Morrison

Diese Worte von Toni Morrison machen deutlich, was Rassismus bedeutet, es ist eine Struktur, die alles durchzieht und auch immer mehr das Internet. Menschen, die sich gegen menschenverachtende Einstellungen aussprechen oder davon betroffen sind, werden immer schneller zu Zielscheiben des Hasses. Kübra Gümüşay fordert in ihrer großartigen Rede: „Wir müssen Liebe organisieren, denn Hass ist organisiert.“

Kann Rassismus von der Meinungsfreiheit gedeckt sein?

Das Schmähgedicht des Grimmepreisträgers Jan Böhmermann (für seinen „Varoufake“) über Erdogan und die danach folgende Strafanzeige von Erdogan wegen Beleidigung eines Staatsoberhauptes haben große Wellen gezogen und sogar international wurde darüber berichtet. Jan Böhmermann hat es geschafft, zu einem Schwerpunkt-Thema zu werden bei Zeit Online. Die Auswahl dieser Punkte vom 15.04.2016 lässt tief blicken, scheinen die Themen in ihrer Darstellung erst einmal separat voneinander zu sein.zeit online1

Doch ein tieferer Blick zeigt, dass es auch in Hinblick auf die Einordnung der sogenannten „Causa Böhmermann“ wichtig ist, die Verzahnung mit den Topoi „Islam Heute“ und „Flüchtlinge“ zu begreifen. Die Fragen, die gestellt wurden zur Causa Böhmermann drehen sich vor allem um die Meinungsfreiheit und was zu sagen erlaubt ist und ob dieses Gesetz nicht schon längst überflüssig ist und abgeschafft werden sollte (definitiv!). Es geht darum, ob Merkel sich vor Erdogan „duckt“ und in einigen Texten spielt dann zumindest die Ebene „Flüchtlinge“ schon mit rein. Denn in dieser ganzen Angelegenheit spielt es natürlich eine Rolle, dass das EU-Türkei-Abkommen noch sehr frisch ist und nicht belastet werden darf. Doch dazu vielleicht in einem anderen Text oder der neuesten Ausgabe der ak.
In diesem Text soll es um das gehen, was in den wenigsten Texten zu Böhmermann benannt wird: dass es nicht nur um Meinungsfreiheit geht, sondern auch um menschenverachtende Einstellungen und Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (wie Heitmeyer es in seinen Studien „Deutsche Zustände“ benennt, um auf die verwobene Struktur dieser aufmerksam zu machen). Weiterlesen

Sind arabische Leben weniger wert?

Welchen Opfern wird gedacht und welchen nicht? Welche Opfer kommen überhaupt in der europäischen Berichterstattung vor? Welche werden als alltägliche Opfer gesehen? Welche sehen sich auch selbst schon als weniger wert an?

Diese Fragen wurde auchbeirut-paris nach den Anschlägen von Paris wieder gestellt, ausgelöst unter anderem von einem Blogeintrag eines Arztes aus Beirut, der fragt „Sind arabische Leben weniger wert?“ und auf die Gefahr des nun weiter erstarkenden antimuslimischen Rassismus hinweist. Die Zeit beschreibt den Verlauf dieser Debatte. Es sind postkoloniale Fragen, die gestellt werden, die schon Frantz Fanon in „Schwarze Haut, weiße Masken“ probiert zu beantworten, in dem er die psychischen Dimensionen des Kolonialismus beschrieben hat. Die Frage nach der unterschiedlichen Wertigkeit von Leben nach 9/11 hat Judith Butler auch schon in ihrem Buch „Precarious Life“ beschrieben, was momentan bei all der Kriegsrhetorik wieder aktueller denn je erscheint.