Antwort auf den offenen Brief

Hier der Wortlaut der Antwort der Staatliche Kunstsammlungen Dresden auf unseren offenen Brief:

Sehr geehrte Damen und Herren der Initiative „Dresden Dekolonisieren“,

vielen Dank für Ihren offenen Brief auf Instagram und dem damit verbundenen wichtigen Impuls!

In den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) leben wir Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit in Kunst und Kultur – und positionieren uns eindeutig gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung. Mit Workshops, Tagungen und Netzwerken haben wir in den letzten Jahren immer wieder den öffentlichen Diskurs gefördert und gefordert und waren vor allem an Perspektiven von außen rund um das Thema „Sensitive Heritage“ in Bezug auf unsere Sammlungen und ihrer Geschichten interessiert.

Die Sammlungen der SKD umfassen über zwei Millionen Objekte und Kunstwerke, die wir vor dem Hintergrund auf ihre koloniale Vergangenheit erforschen, um zum einen Unrechtmäßigkeiten ausschließen und zum anderen unsere Sammlungs- und Ausstellungspraxis kritisch aufarbeiten zu können. Dazu ermitteln wir die Provenienz unserer Sammlungsbestände und überprüfen unsere Sprache, die sowohl in den Ausstellungen wie auch im digitalen Raum verwendet wird.

Um Rassismus und Diskriminierung im Sprachgebrauch zu unterbinden, prüfen die SKD deshalb die Werktitel in ihrer Museumsdatenbank Daphne und in der Online Collection auf ihrer Website. Wird ein rassistischer oder diskriminierender Titel gefunden, wird er durch einen angemessenen ersetzt. Doch das ist nicht genug. Uns geht es darum, eine kritische Reflexion der Geschichte dieser Titel und der ihnen zugrunde liegenden Denkmuster und Vorstellungen zu ihrer Entstehungszeit anzustoßen. Über Kommentare werden Werktitel gekennzeichnet und in den historischen Kontext gesetzt. Aus diesem Grund prüfen die SKD jeden potentiellen problematischen Werktitel im Einzelfall.

Dieser laufende Prozess soll möglichst bald abgeschlossen sein. In einem weiteren Schritt integrieren die SKD in der Online Collection perspektivisch ein neues Tool, mit dem diskriminierende Begriffe – in historischen Titeln oder Beschreibungen – ausgeblendet und mit einem Warnhinweis versehen werden, der dem/der Nutzer*in überlässt, ob das Wort angezeigt werden soll.

Parallel dazu haben wir begonnen, die Werktitel in den Ausstellungen zu sichten und kritisch zu überarbeiten – mit Berücksichtigung einer erklärenden Vermittlung des jeweiligen historischen Kontextes.

Wir suchen den Diskurs. So sind rassistische und koloniale Kontexte bestimmter Werke oder Werkgruppen in den Sammlungen der SKD immer wieder Gegenstand künstlerischer Interventionen und Ausstellungen. Während für das Albertinum eine Intervention der kanadischen Künstlerin Kapwani Kiwanga angekauft wurde, weil sie die koloniale Prägung des künstlerischen Blicks von Max Slevogt auf das „Orientalische“ in dessen Ägyptenreise explizit zum Thema macht, kommentiert die Arbeit des US-amerikanischen Künstlers Kehinde Wiley eurozentristisch-weiße Kunstgeschichtsschreibung. Auch die aktuelle Ausstellung des Albertinum „1 Million Rosen für Angela Davis“ verhandelt die Themen Rassismus und sensible Sprache intensiv. Gerne würden die Kolleginnen und Kollegen Ihnen diese Projekte vorstellen!

Die SKD bekennen sich zu einer offenen Debatte über Repatriierung von Human Remains und Restitutionen. 2017 konnten erstmals menschliche Überreste nach Hawai’i zurückgeführt werden. Die SKD suchen den Dialog mit Herkunftsländern und Stakeholdern und erarbeiten Lösungen.

Wir sind uns bewusst, dass der Prozess kritischer Reflexion der eigenen musealen Vergangenheit niemals abgeschlossen sein kann. Wir freuen uns, auch in Zukunft die Neubewertung von Sammlungsbereichen und ihrer Präsentationsformen stetig im Blick zu behalten sowie die Änderung von Präsentations- und Vermittlungsformaten umzusetzen – auch und gerade im Bereich der sensibilisierenden Auseinandersetzung mit den Werken selbst und den damit verbundenen Geschichten. Stimmen wie die von „Dresden Dekolonisieren“ sind in diesem Prozess sehr wichtig. Gerne möchten die SKD mit Ihnen dazu weiter ins Gespräch kommen und laden Sie hierzu herzlich ein!

Wir würden uns freuen, wenn Sie Ihrer Community auf Instagram von unserer Antwort erzählen!

Mit freundlichen Grüßen

Ihre Marion Ackermann

Staatliche Kunstsammlungen Dresden

Prof. Dr. Marion Ackermann ∙ Generaldirektion

Generaldirektorin