Demonstration in Dresden „Grenzenlose Solidarität“/ „Solidarity without limits“

actiondayFlyerOrangeAm 06.02.2016 wird unter dem Motto “Grenzenlose Solidarität” ein europaweiter Aktionstag gegen die Festung Euopa stattfinden, an dem es auch in Dresden eine bundesweite Demonstration geben wird. Wir wollen den Tag nutzen, um die politische Solidarität mit Flüchtenden weltweit zu stärken und die Verbindungen zwischen ihren Fluchtgründen und der europäischen Innen- und Außenpolitik zu thematisieren.

Solidarität muss politisch werden

Demonstration | Hauptbahnhof
06. Februar 2016 | 12 Uhr

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“Solidarisch zu sein” meint bestimmte Ziele anderer Menschen in einer Situation zu teilen und “zu den eigenen zu machen” sowie Menschen in dieser Situation zu unterstützen, ohne selbst direkt betroffen zu sein. Politische Solidarität bedeutet, sich (auch aus der eigenen Perspektive) mit den gesellschaftlichen Prozessen und Ursachen auseinanderzusetzen, die zu diesen Problemen führen. Politische Solidarität bedeutet, sich zu positionieren, sich nicht allein als “Außenstehende*r” zu verstehen, sondern gemeinsam kämpferische Standpunkte zu entwickeln! Politische Solidarität beinhaltet, sich aktiv für eine emanzipatorische Veränderung der bestehenden Verhältnisse einzusetzen.

Denjenigen, die ihre bisherige Heimat verlassen, um in Europa nach einem besseren Leben zu suchen, steht hierzulande ein staatlicher Apparat entgegen, der nach Nützlichkeit sortiert – während dieser selbst einen Teil der Fluchtgründe aktiv produziert und eine rassistische Grundstimmung in der Gesellschaft befeuert. Weiterhin verneint dieser hartnäckig das Recht auf gesellschaftliche Partizipation, körperliche Unversehrtheit und Selbstverwirklichung. Politische Kämpfe und Bewegungen, angestoßen durch die Flüchtenden selbst, zeigen Handlungsmöglichkeiten gegen diese politischen und gesellschaftlichen Restriktionen, wie z. B.: Der “Marsch für die Freiheit”, zahlreiche Platzbesetzungen oder Demonstrationen. Politische Solidarität bedeutet  für uns in diesem Kontext, Kämpfe flüchtender Menschen aufzugreifen, Austausch zu fördern und uns gemeinsam zu organisieren. Denjenigen, die weiterhin Todeszonen an europäischen Außengrenzen, brennende Unterbringungen und alltäglichen Rassismus befürworten, wollen wir uns gemeinsam entgegen stellen!

Deutschland, die EU und der Kapitalismus

Die EU und allen voran der “Exportweltmeister” Deutschland geben sich meist, als hätten sie mit den Ursachen für Flucht und Migration wenig bis gar nichts zu tun, obwohl jeder Supermarkt und jedes Kleidungsgeschäft Sinnbild für das Gegenteil ist. Seien es nun in Thailand produzierte H&M Klamotten, vor westafrikanischen Küsten gefangene Fische oder die Rohstoffe für Elektronikgeräte großer Firmen – Westeuropa profitiert massiv vom globalen Kapitalismus. Im Gegenzug liefern wir alle unseren Technikschrott, deutsche Billighühner und Strukturanpassungsprogramme frei Haus in die Staaten des globalen Süden. Die kapitalistische Wirtschaftsweise führt heute wie damals zu Ausbeutung und schonungslosem Ressourcenraub und (re)produziert damit immer wieder (neo)koloniale Abhängigkeiten und Dominanzverhältnisse. Gleichzeitig wurden und werden Versuche, die Dominanz des globalen Nordens zu durchbrechen, militärisch und ökonomisch unterdrückt. Früher unter anderem durch die gewaltvolle Niederschlagung der antikolonialen Befreiungskämpfe, heute durch Waffenexporte, Freihandelsabkommen, Kriegseinsätze, Unterstützung von Diktator*innen und autoritären Regimes oder die Militarisierung der europäischen Außengrenzen. Derselbe Mechanismus wirkt auch innerhalb der EU, die durch drakonische Sparmaßnahmen die südeuropäischen Staaten ruiniert und Menschen ihrer Existenzgrundlage beraubt. Denjenigen, die sich entschlossen haben, der wirtschaftlichen Aussichtslosigkeit, der politischen Instabilität oder den militärischen Konflikten in ihren Heimatländern zu entfliehen, begegnen die Profiteur*innen ihrer Misere mit Stacheldraht, Zäunen, Arbeitsverboten, Abschiebungen oder vor kurzem in Calais (Frankreich) mit dem Fluten der Fluchtrouten!

Selbstverwaltung organisieren – Pegida crashen – immer wieder!

Um die verschiedenen Kämpfe zu verbinden, braucht es in Dresden vor allem mehr kollektiv organisierte Räume. Soziale Zentren, Stadteilläden und AZ ‘s sind als Plätze des Zusammenkommens, der gemeinsamen Organisierung und als Schutzräume für Betroffene von Diskriminierung und Ausgrenzung unersetzlich. Angesichts der sozialen Kälte innerhalb der Gesellschaft sind gemeinsame Räume notwendig, in denen Flüchtende, Obdachlose, Erwerbslose, LGBTI’s [1] oder Antifaschist*innen auf Augenhöhe ein Miteinander gestalten können. Darüber hinaus zeigen sich die Perspektiven auf ein besseres Leben für alle am schärfsten in der gemeinsamen politischen Arbeit, im Aushandeln von unterschiedlichen Interessen, gemeinsamer Entscheidungsfindung und dem Umgang mit Konflikten!

Der Aufruf der Pegida-Initiator*innen, jeden Montag im Kreis zu marschieren, brachte erneut ein Klientel zusammen, welches auch in der Vergangenheit immer dann zum Vorschein kam, wenn Parteien, Vereine und andere Gruppierungen unter bestimmten Vorzeichen noch mehr Ausgrenzung, staatliche Überwachung und Abschottung forderten. “Die Republikaner”, die “Schill-Partei”, die “NPD” und weitere hatten in den vergangenen Jahren ihre Blütezeit, in denen sie schwindelerregende Wahlergebnisse, Massenmobilisierungen und Angriffe auf ihre Feind*innen zu stande brachten. Gleichzeitig brachen diese Bewegungen und Parteien immer wieder in sich zusammen – vor allem jüngere Menschen konnten sich Zustände wie in den 90er-Jahren bis vor einiger Zeit kaum vorstellen.Dabei hat Pegida massiv zu einer rassistischen Diskursverschiebung (nicht nur) innerhalb Deutschlands beigetragen. Wodurch sich einerseits die regierenden Parteien befähigt sahen mehrere Asylrechtsverschärfungen zu verabschieden und damit das schon vorher faktisch abgeschaffte Recht auf Asyl zu einer reinen Farce zu machen. Andererseits gibt es einer gewaltbereiten Neonaziszene Aufschwung, welche sich legitimiert vom wütenden Mob, in Gewaltexzessen wie in Heidenau und Leipzig oder mit zahlreichen Anschlägen auf Geflüchtete und deren Unterkünfte, scheinbar austoben kann. Gleichzeitig zeigt der Blick in die jüngere Vergangenheit auch, dass mit Entschlossenheit und Hartnäckigkeit Rassist*innen, Neonazis und Sexist*innen in ihre Schranken gewiesen werden können und müssen!

In diesem Sinne laden wir euch am 06.02. nach Dresden ein, um gemeinsam mit vielen Anderen in ganz Europa ein Zeichen transnationaler Solidarität zu setzen! Geht auf die Straße und zeigt was ihr von der Festung Europa haltet! Lasst Pegida nicht unkommentiert! Beteiligt euch aktiv an der Demonstration in Dresden, ob mit Flugblatt, Transparent oder anderen kreativen Aktionen!

Gegen alle Lager, Wohnraum für alle!

Globale Bewegungsfreiheit und bedingungsloses Bleiberecht, ausnahmslos!

Antifaschistischen Selbstschutz organisieren, Pegida und allen anderen Faschist*innen offensiv entgegentreten!

Für ein, zwei, viele soziale Zentren!

Zugang zu gesellschaftlichem Reichtum für alle!

[1] Lesbian, Gay, Bisexual, Trans-Gender, Intersex

Weiterführende Texte:


Demonstration in Dresden „Solidarity without limits“

actiondayFlyerOrangeEnglish

On February 6th, 2016 the Europe-wide actionday „Solidarity without Limits“ against fortress Europe will take place. There is also going to be a nation-wide demonstration in Dresden. We want to use this day to strengthen the political solidarity with refugees throughout the world and to address the links between their reasons for fleeing and the European domestic and external policies.

Solidarity Must Turn Political

demonstration | main station
February 6th, 2016 | 12 pm (noon)

„To be solidary“ means to share other people’s goals in a certain situation and „to make them one’s own“ as well as supporting people in this situation without being directly affected oneself. Political solidarity means to deal with the societal processes causing the problem (also from one’s own perspective). Political solidarity means to take a stand, to not consider oneself as sitting on the sidelines, but to develop challenging standpoints together. Political solidarity entails active engagement towards emancipatory change of the current conditions.

Over here, those, who had to leave their former homes to look for a better life in Europe, have to face a state apparatus sorting by usefulness — while it has itself been producing some of the causes of flight actively and fueling a racist atmosphere in society. Furthermore, this state apparatus has been determined to deny them the right to societal participation, physical integrity and self-realization. Political fights and movements, initiated by the refugees themselves, show opportunities for action against these political and social restrictions, such as the „March for Freedom“, numerous occupations of squares or demonstrations. Political solidarity, to us, means taking up these refugee struggles, supporting communication and organizing us together. We want to confront those, who still advocate death zones at the external European borders, burning accommodations and day-to-day racism!

Germany, the EU and capitalism

The EU with „world export champion“ Germany leading the way mostly acts as if the causes for flight and migration had little to nothing to do with itself, despite every supermarket and every clothing store symbolizing the opposite. Be it H&M clothes produced in Thailand, fish caught at the Western African shore or the natural resources for electronic devices of big companies — Western Europe heavily benefits from global capitalism. In return we deliver our technical junk, German cheap chickens and structural adjustment programs free into the states of the global south. Now as then, the capitalist mode of production leads to exploitation and relentless robbery of resources and thus (re)produces the (neo)colonial dependencies and power relations again and again. At the same time, attempts to break the dominance of the global north were and are repressed economically and militarily. In the past through violently crushing anti-colonial struggles for liberation, today through arms exports, free trade agreements, military interventions, support of dictators and authoritarian regimes or the militarization of the European external borders. The same mechanism is also working inside the EU, ruining southern European states through austerity measures and robbing people of their means of existence. The profiteers are treating the people, who have decided to flee the economic hopelessness, the political instability or the military conflict in their native countries, with razor wire, fences, bans from work, deportation or, as recently in Calais (France), with flooding the escape routes.

Organizing Autonomy — Crashing Pegida — Time After Time!

More collectively organized spaces are necessary to connect the several struggles in Dresden. Social centers, district centers and alternative centers are irreplaceable as sites of coming together, common organization and shelters for people with experiences of discrimination and exclusion. Given the social coldness inside society, common spaces are necessary, where refugees, homeless people, unemployed people, LGBTI [1] or antifascists can shape togetherness on an equal footing. Beyond that, perspectives for a better life for everyone become apparent most sharply by common political acts, negotiations of diverse interests, shared political decision making and handling conflicts.

The call by the Pegida-initiators, to march around in a circuit every Monday, once more brought together a clientele, which had shown itself in the past in those moments, when parties, associations and other groups claimed more exclusion, state surveillance and seclusion. The „Republikaner“, the „Schill-Party“, the National Democratic Party of Germany“ (radical right-wing German parties) and others all had their time of prosperity in the past years, pulling dizzying election results, mass mobilizations and attacks on their opponents. Meanwhile, all those movements and parties frequently broke down — especially younger people could not imagine conditions as in the 1990ies until recently. But now Pegida has contributed heavily to a racist shift in discourse (not only) in Germany. On the one hand, this has made governing parties feel vindicated to tighten the asylum law and thus to turn the right to asylum (in effect already abolished years ago) into a mere farce. On the other hand, Pegida has boosted a neo-nazist scene, which apparently can go rioting in Heidenau or Leipzig or attacking refugees  and their accommodations constantly, feeling legitimated by the angry mob. Yet dipping into the recent past also shows that racists, neo-nazis and sexists can be and must be cut down to size with persistence and determination!

In this sense we invite you to Dresden on February 6th, to take a stand for transnational solidarity in Europe and beyond. Take to the streets and show what you think of fortress Europe! Don’t let Pegida pass without comment! Participate in the demonstration actively, whether with flyers, banners or other creative actions!

Against all camps, good housing for everyone!

Global freedom of movement and unconditional right to stay, without exception!

Organize antifascist self protection, confront Pegida and all the other fascists head-on!

For one, two, many social centers!

Access to societal wealth for everybody!


[1] LGBTI* stands for lesbian, gay, bisexual, transsexual/transgender and intersexual people or people with other genders or sexual orientations.